Nein, der 1. FC Köln war gewiss kein normaler Zweitligist. Und ein klassischer Aufsteiger sind die Geißböcke auch nicht. Nach dem Betriebsausflug hielten viele Spieler trotz diverser anderer Möglichkeiten dem Verein die Treue. Der Aufstieg glückte, die Euphorie blieb aus. Das lag auch an der Entlassung des Aufstiegstrainers Markus Anfang kurz vor Ende der vergangenen Saison. Mal wieder zeigte der Karnevalsclub seinen Hang zu unpopulären Entscheidungen. Die Gründe mögen vielfältig und nachvollziehbar gewesen sein, doch eine Sache ist klar: der neue Trainer Achim Beierlorzer steht von Beginn an unter Druck. Kann er die Kölner trotzdem in der Bundesliga halten und anschließend etablieren?
Die letzte Saison
Die hohe Qualität im Kader zahlte sich am Ende aus. Souverän feierte der 1. FC Köln die direkte Rückkehr in die Bundesliga. Dank regelmäßiger Schützenfeste der treffsicheren Offensive fielen auch einige defensive Probleme nicht zu stark ins Gewicht. Für den Geschmack der Fans gelang es Coach Markus Anfang allerdings nie, ein klares System mit erkennbaren taktischen Finessen zu etablieren. Das brach dem Übungsleiter am Ende das Genick. Auf Platz 1 stehend wurde er drei Spieltage vor Schluss entlassen. Am sicheren Aufstieg änderte das nichts mehr. Der 1. FC Köln reparierte den Betriebsausflug umgehend und feierte den verdienten Aufstieg.
Kölner Dreigestirn
Besonders die Offensive lag weit über dem durchschnittlichen Zweitliganiveau. Simon Terodde, Jhon Cordoba und Rückkehrer Anthony Modeste zeichneten sich gemeinsam für 55 Saisontore verantwortlich. Zum Vergleich: 13 der übrigen 17 Zweitligisten erzielten in der kompletten Saison weniger Tore als dieses Dreigestirn. Auch in der Bundesliga kann der neue Trainer Achim Beierlorzer auf seine Torjäger zurückgreifen. Ein kleines Luxusproblem haben die Kölner damit trotzdem. In Beierlorzers System ist nur Platz für zwei der drei Stürmer. Momentan scheint das Duo Cordoba-Modeste die Nase vorn zu haben.
Die Defensive hingegen zeigte nicht selten einige Schwächen. In erster Linie könnte das durch die extrem offensive Ausrichtung bedingt gewesen sein. Die Qualität der Viererkette ist schließlich nach wie vor hoch. Jorge Meré und Frederik Sörensen waren bereits zu Bundesliga-Zeiten regelmäßig im Einsatz. Rafael Czichos und Lasse Sobiech wiesen ihr überdurchschnittliches Zweitliganiveau in den letzten Jahren nach. Dazu kommt in Sebastiaan Bornauw ein belgisches Innenverteidiger-Talent. Spannend dürfte sein, wo Beierlorzer Kapitän Jonas Hector einsetzen wird. Unter Markus Anfang spielte der Nationalspieler hauptsächlich im defensiven Mittelfeld. Hinten rechts scheint Neuzugang Kingsley Ehizibue sich einen Stammplatz erkämpft zu haben.
Was sagen die Wettanbieter?
Normalerweise sind Aufsteiger die ersten Kandidaten auf den Abstieg. Nicht so der 1. FC Köln. Zwar werden die Kölner auch in den unteren Tabellenregionen erwartet, haben aber nur die sechstschlechteste Quote auf den Abstieg. Im Falle der direkten Rückkehr in die 2. Bundesliga wird der Einsatz vervierfacht. Marschiert der 1. FC Köln direkt bis in einen europäischen Wettbewerb durch, winken für 10€ Einsatz 100€ Auszahlung. Einen Geldregen gibt es, sollten die Domstädter am Ende der Saison die Meisterschale in den Himmel halten. Dann winken 10000€ Auszahlung bei einer Einzahlung von 10€.
Transferminus im Sommer
Nach dem Motto „Nicht kleckern, klotzen“ handelten die Verantwortlichen in diesem Sommer auf dem Transfermarkt. Fast 20 Millionen wurden bisher in den Kader investiert. Gescoutet wurde dabei vorrangig in den Benelux-Staaten. Sebastiaan Bournauw und Birger Verstraete wechseln aus Belgien an den Rhein. Rechtsverteidiger Ehizibue kommt aus den Niederlanden. Dazu wurden sechs Millionen Euro für Ellyes Skhiri an den HSC Montpellier nach Frankreich überwiesen. Auf der Einnahme-Seite steht bisher lediglich der Verkauf von Serhou Guirassy. Weitere Abgänge sind bei der Breite des Kaders nicht ausgeschlossen.
Zugänge | Abgänge |
---|---|
Sebastiaan Bornauw (RSC Anderlecht) | Serhou Guirassy (SC Amiens) |
Ellyes Skhiri (HSC Montpellier) | Tim Handwerker (1. FC Nürnberg) |
Birger Verstraete (KAA Gent) | Chris Führich (Borussia Dortmund II) |
Kingsley Ehizibue (PEC Zwolle) | Johannes Geis (1. FC Nürnberg) |
Kingsley Schindler (Holstein Kiel) | Matthias Lehmann (Karriereende) |
Julian Krahl (RB Leipzig) | Tomas Ostrak (TSV Hartberg, Leihe) |
Noah Katterbach (eigene Jugend) | Jan-Christoph Bartels (SV Wehen Wiesbaden, leihe) |
Darko Churlinov (eigene Jugend) | Joao Queirós (Willem II, Leihe) |
Player To Watch
Eine Woche vor Saisonstart hat sich in Jorge Meré und Rafael Czichos ein Innenverteidger-Duo gefunden, wirklich sattelfest wirken sie dabei aber nicht. Das könnte die Chance für den Neuzugang Sebastiaan Bournauw sein. Der 20-jährige Belgier gilt als großes Talent und kam für kolportierte sechs Millionen Euro Ablöse nach Köln. Ausgebildet wurde der belgische U21-Nationalspieler beim RSC Anderlecht, wo er bereits auf 29 Erstliga-Spiele kam. Ihm soll vor allem die Zukunft in der Kölner Verteidigung gehören.
Ausblick
Der 1. FC Köln ist gekommen, um zu bleiben. Und das sollte mit dem vorhandenen Personal auch gelingen. Die größte Gefahr ist wie immer das eigene Handeln der Verantwortlichen. Wenn der neue Trainer Achim Beierlorzer zu schnell unter zu großen Druck gerät, ist erneutes Chaos im Verein nicht auszuschließen. Auch die Defensive könnte zum Problem werden, wenn der FC erneut zu offensiv ausgerichtet ist und die Defensivarbeit schleifen lässt. Im Normalfall sollte der 1. FC Köln zumindest mit dem direkten Abstieg nichts zu tun haben.
Quelle: Die falsche 9
Autor: Moritz