In die letzte Saison ging der SV Werder Bremen überraschend forsch. Mit dem Ausrufen des Europapokals als Ziel handelten die Verantwortlichen gegen den Trend in Deutschland. Anders als viele Teams, die einfach „von Spiel zu Spiel“ schauen und „das Beste aus unseren Möglichkeiten machen“ wollen machte Werder keinen Hehl aus ihrem Ziel. Dass es am Ende dann knapp doch nichts mit der Qualifikation wurde, empfanden trotzdem die wenigsten als Enttäuschung. Viel mehr kann in dieser Saison ein neuer Anlauf genommen werden. Klappt es dieses Mal mit einem Platz unter den ersten Sechs?
Die letzte Saison
Über fast die komplette Saison hinweg hielt sich Werder in der oberen Tabellenhälfte auf. Nach einigen Jahren Abstiegskampf an der Weser wirkte die Saison wie eine Ganzkörpermassage auf den Verein. Das schicke und variable Offensivspiel überzeugte auch die letzten Kritiker von Florian Kohfeldt. Überraschenderweise war vor allem die Defensive ein Prunkstück der Bremer. Nur 49 Gegentore kassierte die Abwehr um Torhüter Jiri Pavlenka. Entgegen der Tradition gehörte Werder damit zu den besten Abwehrreihen der Liga. Am Ende fehlte lediglich ein Punkt auf Platz 7 und die Qualifikation zur Europa League.
Der Kapitän geht von Bord
Mit Max Kruse verlässt die schillernde Frontfigur das Weserstadion. Der Kapitän schnürt seine Schuhe in der nächsten Saison für Fenerbahçe Istanbul. In seine Fußstapfen soll mit Niclas Füllkrug ein alter Bekannter in Bremen treten. Er verpasste die letzte Saison aufgrund einer Verletzung. In der Saison zuvor konnte er allerdings seine Qualitäten bei Hannover 96 beweisen. Ob er allerdings die 22 Torbeteiligungen von Kruse überbieten kann, kommt auch darauf an, wie schnell er wieder in den Rhythmus kommt und sich im Team integrieren kann. Ansonsten steht der nimmermüde Claudio Pizarro noch immer bereit und brennt auf Einsätze in seinem Wohnzimmer Weserstadion.
Eindruck hinterließ insbesondere das Dreiermittelfeld der Bremer. Davy Klaasen, Maximilian Eggestein und wahlweise Nuri Sahin oder Philipp Bargfrede leiteten die Angriffe zielsicher und mit hoher Präzision ein. Dazu zeigten sie sich auch immer wieder in gefährlichen Abschlusssituationen und erzielten auch einige Tore selbst. Eggestein hat sich zu einer unverzichtbaren Größe entwickelt und wurde sogar von Jogi Löw für die Nationalmannschaft berufen. In der Hinterhand hat Florian Kohfeldt zudem noch Kevin Möhwald, der seinerseits ins Team drängt.
Was sagen die Wettanbieter?
Nach der offensiven Ansage vor der letzten Saison gehört Werder Bremen auch vor dieser Saison zum Kreis der Kandidaten auf einen europäischen Platz. Landet Werder auf den ersten sechs Plätzen, zahlen die Wettbüros für 10€ Einzahlung das Dreifache aus. Reißt Bremen 16 Jahre nach der letzten Meisterschaft die Schale erneut in den Himmel, winken für die selbe Einzahlung 2000€. Heißt es hingegen nach einem ruhigen Jahr wieder Abstiegskampf an der Weser und mündet dieser im Gang in die 2. Liga, so erhält der Tipper das Zwölffache seines Einsatzes zurück.
Sparsame Transferpolitik
Auf dem Transfermarkt halten sich die Bremer bisher zurück. Einzig für Füllkrug und Marco Friedl wurde bisher Geld in die Hand genommen. Dabei wäre besonders in der Abwehr die ein oder andere Verstärkung wünschenswert. Neben dem neuen Kapitän Niklas Moisander herrscht derzeit ein Vakuum in der Innenverteidigung. Sebastian Langkamp und Milos Veljkovic sind verletzt, Marco Friedl wird derzeit auf der Linksverteidigerposition gebraucht. So muss Christian Groß aus der zweiten Mannschaft aushelfen. Er hinterließ zwar einen guten Eindruck in der Vorbereitung, ob er jedoch zu einer Dauerlösung taugt, ist fraglich. Gut möglich, dass bis Transferschluss Anfang September noch ein neuer Innenverteidiger vorgestellt wird.
Zugänge | Abgänge |
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Niclas Füllkrug (Hannover 96) | Max Kruse (Fenerbahce) |
Marco Friedl (FC Bayern München) | Thanos Petsos (unbekannt) |
Benjamin Goller (FC Schalke 04) | Aron Jóhannsson (Hammarby) |
David Philipp (eigene Jugend) | Thore Jacobsen (1. FC Magdeburg, Leihe) |
Luc Ihorst (eigene Jugend) | Jonah Osabutey (Royal Excel Mouscron, Leihe) |
Simon Straudi (eigene Jugend) | Jannes Vollert (Hallescher FC, Leihe) |
Ilia Gruev (eigene Jugend) | Jan-Niklas Beste (FC Emmen, Leihe) |
Robert Bauer (1. FC Nürnberg, Leihende) | Jean Manuel Mbom (KFC Uerdingen, Leihe) |
Boubacar Barry (KFC Uerdingen, Leihe) | |
Niklas Schmidt (VfL Osnabrück, Leihe) | |
Michael Zetterer (PEC Zwolle, Leihe) | |
Ole Käuper (Carl Zeiss Jena, Leihe) |
Player To Watch
In der Vorbereitung machte der 19-jährige Josh Sargent auf sich aufmerksam. Der US-Boy gehörte in der letzten Saison bereits regelmäßig zum Kader und will den Abgang von Max Kruse nutzen, um sich festzuspielen. Mit seiner Schnelligkeit und Dynamik ist der siebenmalige Nationalspieler der USA ein anderer Spielertyp als Niclas Füllkrug. Je nach Gegner könnte Sargent also den Vorzug gegenüber Füllkrug erhalten. Im aktuell ruhigen Bremer Umfeld kann sich Sargent weiter entwickeln und ist spätestens für die nächsten Jahre ein großes Versprechen.
Ausblick
Bis auf den Abgang von Max Kruse hat das Team keine Leistungsträger verloren. Die Mannschaft ist also eingespielt und die Abläufe sind einstudiert. Ein guter Saisonstart könnte das Selbstbewusstsein der letzten Saison wieder aktivieren und Werder erneut oben mitspielen lassen. Eine erste größere Krise könnte für die junge Mannschaft und den immer noch jungen Trainer aber auch zum Stolperstein werden. In Abstiegssorgen dürfte Werder allerdings in keinem Fall kommen.
Quelle: Die falsche 9
Autor: Moritz